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South Dakota − Wo die Büffel grasen

Todeszone −  Heute stehen wir etwas später auf als gewohnt und zum ersten Mal kommt beim Frühstück auch unser Toaster zum Einsatz. Obwohl uns das Zmorgen schmeckt, vermissen wir manchmal ein gutes dunkles Pfünderli. Brot, Joghurt und Käse erreichen hier oft nicht Schweizerqualität. Zumindest letzteres ist aber in manchen Läden erhältlich.

Nach dem Frühstück und einem längeren Chat mit der Campgroundbesitzerin geht’s nach South Dakota. Der Badlands Nationalpark und die Black Hills warten auf uns − und wir auf sie. Schliesslich freuen wir uns schon lange auf diesen Abschnitt der Reise. Entlang des Missouri Riverdurchqueren wir zwei Indianerreservate in Nebraska. Dabei passieren wir auch ein totes Reh am Strassenrand. Wir fragen uns, ob hier niemand die toten Tiere vom Strassenrand entfernt, denn immer wieder sieht man die Kadaver von Waschbären, Stinktieren, grossen Vögeln und anderen mehr.

 

Wenn’s obä schifft und undä seicht, s’isch guet s’Valserwasser − Wir erreichen die Grenze zu South Dakota, wo wir beim Visitor Center halten, um uns mit Infomaterial einzudecken. Doch auch diesmal hat das Center gerade seine Tore geschlossen und wir sind einmal mehr auf den Goodwill der Mitarbeitenden angewiesen.

In Yankton (South Dakota) schauen wir auch noch kurz bei AAA vorbei, um das Tourbook von South Dakota zu holen. Auf die Frage nach den «must do» auf dem Weg in die Badlands erhalten wir von den Damen praktisch nur Restaurant-Empfehlungen.

Wir fahren bis nach Mitchell, dessen Hauptattraktion der Corn Palace ist. Als «Campground» dient uns einmal mehr der Parkplatz eines bekannten Supermarkts ;-). Inzwischen regnet es sehr stark und bei einem Fenster macht sich ein Leck bemerkbar. Damit die Matratze nicht allzu nass wird, versuchen wir das Wasser mit leeren Joghurtbechern und Essnäpfchen aufzufangen. Zusätzlich versuchen wir die undichten Stellen von aussen mit Klebeband abzudecken. Morgen früh wollen wir dann versuchen, das Ganze mit Silikon abzudichten.

Es ist tatsächlich noch früh (06:00 Uhr), als wir durch ein Klopfen an die Scheibe geweckt werden. Draussen steht jemand, der winkt und uns andeutet, die Scheibe runterzulassen. Lulu winkt zurück und ist vom Lächeln des Mannes ganz entzückt aber um die Fenster zu öffnen und zu plaudern sind wir beide noch zu müde.

Als wir uns etwas später doch noch aus dem Schlafsack schälen und nach draussen gehen, schlägtuns ein kalter Wind entgegen. Nichtsdestotrotz machen wir uns ans Abdichten. Einen Schönheitspreis werden wir für unsere Arbeit bestimmt nicht kriegen aber Hauptsache es erfüllt seinen Zweck...

 

Nanu(q)? − Schliesslich machen wir uns auf den Weg zum Corn Palace. Dieser wird jedes Jahr zu einem neuen Thema mit verschieden farbigen Maiskolben und Maisblättern, die zu riesigen Wandbildern zusammengefügt werden, dekoriert. Der erste Corn Palace wurde 1905 erstellt, um zu beweisen, dass South Dakota fruchtbar ist. Die Region erhoffte sich, dadurch neue Siedler für die Region zu gewinnen. Heute finden im witzigen Gebäude Basketball Spiele, Konzerte und sogar ein Zirkus statt.

Da wir auf dem Hin- und Rückweg zum Corn Palace beim Auto ein quitschendes Geräusch vernommen haben, beschliessen wir, rasch beim Wal Mart Autoservice vorbeizuschauen. Wir vermuten, dass es etwas mit dem Regen zu tun hat, wollen aber sicherheitshalber das Auto vom Fachmann prüfen lassen. Wal Mart erledigt allerdings nur Reifen- und Schmierarbeiten und man verweist uns daher an TMA. Dort kommt man dem Quitschgeräusch schnell auf die Spur. Ein Antriebsriemen ist etwas locker und durch die Feuchtigkeit hat sich dies unüberhörbar bemerkbar gemacht. Wir lassen bei dieser Gelegenheit gleich noch das Kühlwasser nachfüllen.

Bevor wir auf der Interstate 90 weiter westlich fahren, gehen wir bei Cabela’s Outdoor Geschäft vorbei. Schnell verliert man sich in dem riesigen Laden aus den Augen. Lulu weiss nun, wie sich eine Mutter beim Einkauf mit ihrem kleinen Kind fühlen muss. Kaum ist sie ein, zwei Sekunden abgelenkt, ist Markus verschwunden und die Suche zwischen Gestellen und Kleiderständern kann beginnen.

 

Gross, grösser, am grössten − Wie schon erwähnt, geht es danach auf der I-90 weiter Richtung Westen. Wegen dem starken Wind kommt Nanuq selbst in flachem Gelände nie so richtig auf Touren und wir fahren selten schneller, als 50 mph (80 km/h). Wir denken an Garry und dessen Aussage, dass ein Land Rover in etwa so aerodynamisch wie eine Schuhschachtel sei. Das werden die Autofahrer, die uns auf der 8 Meilen langen, infolge Baustelle nur einspurig befahrbaren Strecke, folgen, bestimmt bestätigen. Tja, so schafft man sich neue Freunde!! :-).

Bei Al’s Oasis in Chamberlain versuchen wir den von den Damen im AAA-Office in Yankton wärmstens empfohlenen Buffalo-Burger. Markus findet ihn ein wenig zu trocken aber er ist ja schliesslich von Lulu’s Küche her sehr verwöhnt ;-). An alle Kaffeeliebhaber − wir gehören beide nicht dazu − der Kaffee kostet hier nach wie vor nur 5 Cents!

Frisch gestärkt, geht die Fahrt in den Westen weiter. Bei einem Tankstellenstopp kommen wir mit einem Truckfahrer ins Gespräch. Unglaublich, welche Distanzen Trucker in kurzer Zeit zurück legen (müssen). Er erzählt uns, dass er früher Lehrer war, sich jetzt aber einen Lastwagen gekauft habe und so die USA erkundet. Er warnt uns auch vor, dass die Dieselpreise weiter westlich noch höher sind. Warum das so ist, kann er leider nicht beantworten. Obwohl nur etwa halb so teuer wie in der Schweiz, ist der Benzinpreis in Gesprächen mit Einheimischen oft ein Thema. Während den letzten zwei Jahren hat sich dieser nämlich praktisch verdoppelt. Bedenkt man, dass die Autos hier oft sehr grosse und durstige Motoren haben und die zurückgelegten Distanzen grösser sind als bei uns, kann man die Besorgnis verstehen. Nanuq geht nebst all den riesigen Motorhomes und Pickups fast unter.

Back on the road. Die Sonne geht unter und taucht die Landschaft in ein wunderschönes Licht. So schaffen wir trotz anhaltend starkem Wind die letzten Kilometer bis vor die Pforten des Badlands National Park. Die Vorfreude auf das, was uns Morgen hier erwartet, steigt erneut.

 

Ein langer Tag in den Badlands − Wir wollen im Park sein, wenn er erwacht. Wollen den Sonnenaufgang und das Licht- und Schattenspiel miterleben. Daher ist heute bereits um 5 Uhr Tagwach und nur kurz darauf Abfahrt vom Campground. Beim Parkeingang schiessen wir die ersten von über 300 Fotos (analog und digital) an diesem Tag. Und wer jetzt denkt, Markus brauchte wohl 100 Versuche für das Foto von Lulu’s «Hupf», täuscht sich. Lulu musste tatsächlich nur einmal hüpfen (mehr hätte ihr jetztiger Formstand wohl auch nicht zugelassen :-).

Etwas weiter im Park erwartet uns beim Big Badlands Overlook eine Landschaft so schön, dass uns die Worte zur Beschreibung fehlen. So stehen wir einfach da, geniessen und staunen. Ähnlich ergeht es auch den zwei Tschechen, die um diese Zeit nebst uns die einzigen Besucher im Park sind. Sie sind zudem die ersten europäischen Touristen überhaupt, die wir während unserer Reise treffen.

Später unternehmen wir drei kurze Wanderungen (Door, Notch und Cliff Shelf Nature Trail) und sehen nebst zahlreichen wunderschönen Felsformationen auch zwei kleine Hasen, die sich an der Sonne aufwärmen.

Wir fahren weiter auf der Badlands Loop Road, halten zig mal bei den Overlooks, um die Aussicht zu geniessen oder stoppen entlang der Strasse, um den lustigen Präriehunden zuzuschauen. Auf der Sage Creek Rim Road begegnen wir auchgrösseren Tieren wie Pronghorns (Gabelantilopen) und Büffeln. Vom Campgroundbesitzer haben wir am Vorabend erfahren, dass wir unbedingt die rund sieben Meilen lange Sheep Mountain Table Road befahren sollen. Diese Strasse ist nur bei Trockenheit befahrbar und es braucht ein Auto mit grosser Bodenfreiheit, ein 4x4 istzudem von Vorteil. Nanuq mit Markus am Steuer bewältigt diese Aufgabe problemlos. Während der Fahrt und vor allem oben auf dem Plateau kommen wir in den Genuss weiterer unglaublich faszinierender Gesteinsformationen und einer grandiosen Aussicht. Wir sind froh um den Tipp, denn diesen Teil des Parks bekommen wohl nur wenige Touristen zu sehen. Wir geniessen die völlige Ruhe − wir sind ganz alleine unterwegs − hören den Vögeln bei ihrem fröhlichen Gesang zu und beobachten, die über den Felsen kreisenden Adler. Bereits in Iowa ist uns die Artenvielfalt und Farbenpracht der hiesigen Vögel aufgefallen.

Am Abend fahren wir durchs Buffalo Gap National Grassland und auf der Conata Road nochmals quer durch den Park. Beim Pinnacles Overlook gibt’s selbstgemachte Sandwiches während wir auf den Sonnenuntergang warten. Das Ausharren lohnt sich. Vor uns die am Horizont untergehende Sonne, hinter uns der aufgehende Vollmond. Was kann man sich mehr wünschen?!

 

Great Faces, great places − Am Morgen des 24. Aprils machen wir den Wall Drug unsicher und probieren’s zur Abwechslung mal mit einem neuen Partner (siehe Fotos von Wall). Dieser riesige Komplex besteht aus lauter kleinen Läden, wo man alles findet, was das (Touristen-)Herz begehrt.

Weiter geht es in die Black Hills, woheute Mount Rushmore und Crazy Horse auf dem Programm stehen. Leider gilt unser National Park Pass für Mount Rushmore nicht, obwohl die vier Präsidentenköpfe auf dem Ausweis abgebildet sind. Mount Rushmore hat nämlich keine Eintrittsgebühr, dafür eine Parkplatzgebühr von $8. «What kind of beast is this?» will der Parkplatzwärter wissen, als er Nanuq erblickt. Wir begeben uns auf den Presidential Trail und lernen dabei die Herren Washington, Jefferson, Roosevelt und Lincoln anhand der Informatiostafeln etwas besser kennen (zumindest für so lange wie es uns im Gedächtnis haften bleibt :-).

Beim Crazy Horse Memorial, einem in Stein gehauenen Indianerkopf, werden wir zuerst durch den relativ hohen Eintritt überrascht und danach von der Attraktion enttäuscht. Viel weiter als bei Markus’ Besuch im 98 sind die Arbeiten nicht fortgeschritten. Es scheint als flösse der Grossteil der Eintrittsgelder und Spenden nicht ins eigentliche Projekt sondern viel mehr in das luxuriöse Visitor Center und die Umgebungsarbeiten. Die Grösse des Monuments und die Arbeit dahinter sind denoch eindrücklich. Crazy Horse Memorial steht als Zeichen dafür, dass die indianische Bevölkerung ihre eigenen Helden hat. 1947 bat der Lakota Häuptling den Steinbildhauer Korczak das Projekt zu starten. Mehr als 50 Jahre später ist immer noch nicht viel mehr als das Anlitz von Crazy Horse zu sehen. Die Arbeit des inzwischen verstorbenen Korczak’s wird heute von seiner Frau und seinen Kindern weitergeführt. Finanziert wird das Projekt ausschliesslich durch Eintrittsgelder, Souvenirverkäufe und Spenden. Geld vom Staat wurde mehrmals abgelehnt. Wir fragen uns, wann und ob dieses Monument für den ehemaligen Idianerführer Crazy Horse jemals fertig wird. Wir werden es wohl nicht mehr erleben :-(.

 

Hee, hee Tatonka − Nach soviel Geschichte geniessen wir am Abend Natur pur gleich doppelt. Der Wind Cave National Park hat auch über dem Boden (es gibt nämlich ein riesiges unterirdisches Höhlensystem) viel zu bieten. Auf unserer Rundfahrt durch den Park können wir Prairie dogs, Adler, Pronghorns, Rehe, wild lebende Esel, wilde Truthähne und Büffel in einer wunderschönen Abendstimmung beobachten.

 

Closed for the season − Wir fahren weiter nach Hot Springs, wo wir einkaufen und einen Campground suchen. Aber einmal mehr merken wir, dass wir etwas gar früh in der Saison unterwegs sind. Entweder sind die Campgrounds noch geschlossen oder dann nur halbwegs verfügbar d.h. Toiletten und Duschen noch nicht in Betrieb. Aber genau deswegen gehen wir ja eigentlich auf einen Campground. Wir fahren deshalb nochmals ein paar extra Meilen bis wir fündig werden.

 

Don’t jump over the cliff, we don’t have the time − Am Montag Morgen besuchen wir das Black Hills Wild Horse Sanctuary. Die Bustour entpuppt sich als PW-Rundfahrt mit Privatführerin (gehört zu den Vorteilen, wenn man in der Vorsaison unterwegs ist). Sie fährt uns hinaus zu den wild lebenden Pferden. Die Pferde können sich innerhalb des über 11’000 Acres grossen Reservates völlig frei bewegen. Die Fortpflanzung erfolgt natürlich und nicht nach Zuchtplan. Einzig bei völliger Trockenheit wird Wasser- und teilweise auch Futter zur Verfügung gestellt. Obwohl die Pferde nicht geimpft werden, gibt es sehr selten kranke Tiere. Dafür haben sie mit dem Cougar (Puma/Berglöwen) einen natürlichen Feind. In einem Teilgebiet sind sich die Pferde an Touristen gewöhnt, weshalb sie auch nicht gleich davon galoppieren, als wir uns ihnen nähern. Die witzige Führerin, die auch mal den Bus rückwärts in einen Baum «parkiert», erzählt uns, dass auf der anderen Talseite die Pferde noch richtig wild sind, da sie kaum je Menschen zu Gesicht bekommen. Eine Tour in dieses Gebiet würde allerdings $ 750 kosten! Nebst Pferden zeigtuns die Führerin auch die Drehplätze der Filme «Crazy Horse» und «Hidalgo» und wir erfahren zudem einiges über die jährlich stattfindende indianische Sundance Zeremonie. Von den alten idianischen Felszeichnungen können wir jedoch nur einen Teil erkennen, da der Felsen von neuzeitlichen Kritzeleien verschandelt ist.

Nach der zweistündigen Tour im angenehm leisen PW, geht’s im deutlich lauteren Land Rover weiter. Wir schützen unsere Ohren meist mit Watte oder Ohrenstöpseln, wie man sie von Konzertveranstaltungen kennt. CD- und Radiohören ist fast aussichtlos und auch das miteinander plaudern ist in normaler Lautstärke kaum möglich. Aber da wir ja eh beide schweigsame Zeitgenossen sind... :-). Damit Lulu ohne Unterhaltung nicht einpennt, singt, summt und pfeift sie jeweils ihr ganzes Liederrepetoir rauf und runter (angefangen vom Ämmitaler und Bärnbiet, über Country Roads bis Ruby Tuesday). Über die Qualität lässt sich allerding diskutieren.

 

Feet and inches − Wir fahren wieder nördlich durch Hot Springs und Wind Cave National Park hindurch in den Custer State Park. Hier treffen wir alte Bekannte (Büffel, Pronghorns, Hasen, Präriehunde und wilde Truthähne). Wir verlassen den Park über den kurvenreichen Needles Highway, nachdem wir vorher nochmals die Höhe unseres Autos inkl. Kiste und Funkantenne nachgemessen und in Fuss und Inches umgerechnet haben. Wir wollen sicher sein, dass wier in den drei engen und tiefen Felstunnels, die es auf diesem Highway zu durchfahren gilt, nicht stecken bleiben. Zuerst geht’s durch Wälder und danach rauf zu den nadelähnlichen Granitformationen, die der Strasse den Namen gaben. Am Schluss kommt man beim idyllischen Sylvan Lake vorbei. Der eisig kalte Wind nimmt uns allerdings die Lust auf einen längeren Spaziergang rund um den See und so begnügen wir uns mit einem kurzen Fotostopp.

 

The Dead Man’s Hand − Weiter nördlich gelangen wir ins berühmt berüchtigte Deadwood. Wir glauben fest daran, dass heute unser Glückstag ist und stürzen uns ins Nachleben der Spielerstadt. Auch Wild Bill dürfte an sein Glück geglaubt haben, als er im August 1876 den Saloon #10 betrat. Doch der Mann, der wie kein anderer mit seiner Pistole umgehen konnte, machte einen Fehler und setzte sich auf den einzig freien Platz am Pokertisch... mit dem Rücken zur Tür. Wild Bill wurde erschossen, in der Hand zwei schwarze Asse und zwei schwarze Achter − noch heute bekannt als «The Dead Man’s Hand» − er hätte die Runde gewonnen. Wir überleben zwar den Abend, haben aber kein Glück im Spiel. Weder an den einarmigen Banditen in einem der unzähligen Casinos, noch im Saloon #10, wo es Markus mit Black Jack versucht. Damit ist klar, dass wir aufs Hotel verzichten und trotz klirrender Kälte auf dessen Parkplatz übernachten.